Diese Woche machte sich Landesrätin Eva Pawlata ein Bild über das Gewaltschutz- und Gewaltpräventionsprogramm im Bezirk Reutte. So tauschte sich die für Frauen sowie für Kinder- und Jugendhilfe zuständige Landesrätin zunächst mit Bezirkshauptfrau Katharina Rumpf zu den aktuellen Herausforderungen und Angeboten im Bezirk aus. Im Anschluss besuchte LRin Pawlata die Frauen- und Familienberatungsstelle BASIS. Die Einrichtung begleitet Frauen, Paare und Familien. Kernthemen dabei sind Beziehungsprobleme, psychische Belastungen und Erkrankungen sowie Gewalt. Noch bis Ende dieses Jahres legt BASIS einen besonderen Schwerpunkt auf Gewaltpräventionsmaßnahmen, die vom Land Tirol gefördert werden. Einen weiteren Besuch stattete LRin Pawlata dem Kinderschutzzentrum Reutte ab. Es ist eines der insgesamt fünf Kinderschutzzentren in Tirol und die zentrale Anlaufstelle für von Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche sowie deren Erziehungsberechtigte im Außerfern. Das Team des Kinderschutzzentrums bietet Beratungen, Prozessbegleitungen und Psychotherapien an.
Psychosoziale Unterstützung wichtiger denn je
„Gewalt hat viele Formen und zeigt sich etwa in psychischer, körperlicher, sexualisierter, sozialer und/oder ökonomischer Gewalt. Wenn es zu häuslicher Gewalt kommt, hat dies insbesondere auch für Kinder schwere Folgen. Neben Opferschutzeinrichtungen und Schutzunterkünften für Frauen und deren Kinder braucht es daher zielgerichtete Gewaltprävention, die so früh wie möglich beginnt. So kann Gewalt idealerweise noch vor dem Entstehen verhindert werden“, betont LRin Pawlata und nimmt Bezug auf die aktuelle Situation: „Wir befinden in uns einer krisenhaften Zeit. Die multiplen globalen Krisen stellen für viele Menschen Belastungen für die psychische Gesundheit dar. Wir müssen daher ein besonderes Augenmerk auf die psychosoziale Unterstützung von Frauen und Männern, von Familien und speziell auch von Kindern und Jugendlichen legen.“
Gemeinsam gegen Gewalt
Wie Bezirkshauptfrau Rumpf aufzeigte, ist die Kinder- und Jugendhilfe bei der Bezirkshauptmannschaft Reutte mit unterschiedlichen Fällen konfrontiert. Zuletzt sei vermehrt Gewalt gemeldet worden, was unter anderen auch auf die erhöhte Sensibilisierung der Öffentlichkeit zurückgeführt werden kann. „Speziell beim Gewaltschutz müssen alle Einrichtungen und Institutionen gemeinsam an einem Strang ziehen. Nur so können wir effektiv gegen Gewalt an Frauen und Kindern vorgehen. Im Bezirk Reutte verfügen wir bereits über ein gut vernetztes Beratungs- und Unterstützungsangebot, das aber in den kommenden Jahren sicherlich noch ausgebaut werden kann“, sagt BH Rumpf. LRin Pawlata sicherte der Bezirkshauptfrau ihre Unterstützung zu.
2022: 335 Beratungsstunden für Frauen
Insgesamt wandten sich im Vorjahr 74 Frauen an die Frauenberatungsstelle in Reutte. Sie nahmen Beratungen im Ausmaß von rund 335 Stunden in Anspruch. Die Familienberatungsstelle verzeichnete 157 KlientInnen – 24 Prozent davon waren Männer. Das Team der Familienberatungsstelle leistete 534 Beratungsstunden. Darüber hinaus verzeichnete BASIS 2022 über 400 Infokontakte. Im November des Vorjahres begann BASIS mit einem Infoabend zur häuslichen Gewalt mit der Umsetzung des vom Land Tirol geförderten Gewaltpräventionsprojekts. Es sieht bis zum Ende dieses Jahres noch laufend Thementage, Impulsveranstaltungen, Vorträge sowie Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse vor. Angesprochen werden damit insbesondere von Gewalt Betroffene und deren Umfeld – Unterrichtende, Personen aus dem sozialen Dienstleistungssektor sowie SchülerInnen.
„Unsere Arbeit ist davon geprägt, gemeinsam mit den Klientinnen und Klienten herausfordernde Situationen zu entschärfen oder zu lösen und Emotionen mit auszuhalten. Wir wollen sichere, ermutigende und angstreduzierende zwischenmenschliche Räume schaffen und damit stabilisieren, unterstützen, Konflikte entschärfen und bei der Orientierung helfen. 2022 haben wir in der Beratungsstelle auch 15 Frauen begleitet, die von einer oder mehreren Gewaltformen betroffen sind“, erklärt Obfrau Gabriele Schick.
Für ein Aufwachsen fernab von Gewalt
Im Kinderschutzzentrum Reutte wurden im vergangenen Jahr 560 Beratungen mit 118 KlientInnen durchgeführt. Das Kinderschutzzentrum richtet sich an Kinder und Jugendliche, die von sexueller, körperlicher oder psychischer Gewalt betroffen sind sowie deren Erziehungsberechtigte und das gesamte HelferInnensystem. Speziell im Bereich der sexualisierten Gewalt hat sich das Kinderschutzzentrum als Facheinrichtung in der psychosozialen Versorgungslandschaft für Kinder und Jugendliche etabliert.
„Kinderschutz soll drei Bereiche umfassen: die Prävention von Kinderrechtsverletzungen, die rasche und professionelle Intervention bei auftretenden Fällen und die Nachbereitung inklusive der Weiterentwicklung bestehender Kinderschutz-Mechanismen und Angebote,“ informiert Petra Sansone, Geschäftsführerin der Tiroler Kinder und Jugend GmbH – eine Gesellschaft des Landes Tirol und die Dachorganisation aller Kinderschutzzentren Tirols. „Alle Kinder und Jugendlichen haben das Recht auf die bestmöglichen Entwicklungs- und Entfaltungschancen – dazu zählt ein Aufwachsen fernab von Gewalt. Dieses Recht ist als zentrales Kindergrundrecht gesetzlich verankert“, ergänzen die MitarbeiterInnen des Kinderschutzzentrums Reutte, Elisabeth Hartl und Julia Lasser.